Sehen und Sein
Das tiefe Wesen von Kurzsichtigkeit,
Weitsichtigkeit und Stabsichtigkeit
Wie Kurzsichtigkeit, Weitsichtigkeit und Stabsichtigkeit sich in gegenseitigem Miteinander heilen können
Sehtraining ist ein Weg, der durch Übungen und durch Einsichten und Erkenntnisse beschritten wird. Ein Weg vom Möglichen zum Wirklichen. Mit dem Se(h)minar „SEHEN und SEIN“, das auf der Insel Hiddensee stattgefunden hat, war aus einer Idee Wirklichkeit geworden: Den tieferen Gründen von Fehlsichtigkeiten auf die Spur zu kommen. Damit werden die Möglichkeiten des ganzheitlichen Sehtrainings um eine grundlegende Facette erweitert. Sehtrainer, Augenoptiker mit ganzheitlichem Ansatz und Menschen mit ihrer jeweiligen Seh- und Augenthematik waren die Teilnehmer.
Warum Hiddensee? Die autofreie Insel, bietet in ihrer anrührenden Schlichtheit eine Gelegenheit, um sich von der Hektik und den Problemen des alltäglichen Seins zurückzuziehen. Wie schrieb schon Anna Freud über ihren Aufenthalt dort:
„Jetzt weiß ich ganz genau, was mir die ganze Zeit gefehlt hat: Eine Insel. Schon zwei Tage Insel haben mich ganz gesund gemacht und jetzt bin ich wieder so bei mir, dass ich gar nichts mehr von mir zu wissen brauche. Das ist das Beste.“
Hiddensee – wo Licht das Jetzt verzaubert, das Früher erinnert, das Später erhofft; wo das Land so überschaubar, dass sich das Sein in Verwandlung zum morgen begibt, der Himmel so unüberschaubar, für ein Leben über sich selbst hinaus; vor Anker gehen mit Erinnerungen, Sehnsüchten, Träumen; absichtslos gehen, fühlen, atmen, leben, dann will Wandlung geschehen.
Sehen in einem höheren Sinne
Kurzsichtigkeit, Weitsichtigkeit und Stabsichtigkeit (Astigmatismus, Hornhautverkrümmung) entsprechen ganz verschiedenen Qualitäten, entstammen jedoch demselben Ursprung. Sie sind nicht etwas Gegebenes, sondern etwas Gewordenes. Sie können betrachtet werden als Bewältigungsformen grundlegender Konflikte des Menschseins im Spannungsfeld zwischen Angst und Liebe. Das zu ergründen und zu erlösen habe ich mich auf den Weg gemacht.
Diese Webseite will einen kurzen Einblick geben in die bewegende Thematik, was unser „fehlsichtiges“ Menschsein dem Wesen nach ausmacht, dass wir damit ins Reine kommen können, und dass sich eine Befreiung der darin gebundenen Lebensenergie auf unsere Sichtweise, unser Sehen und unser Sein auswirkt.
Wer Augen hat zu sehen, der sehe!
Und wer eine Fehlsichtigkeit hat,
der erkenne!
Es geht nicht vorrangig darum, die Sehschärfe wiederzuerlangen, sondern um das Wiedererlangen des Sehens in einem höheren Sinne.
Kurzsichtigkeit – wer kann ich sein?
Die Diskrepanz zwischen dem scharfen und dem unscharfen Sehen beim Kurzsichtigen ist ein Abbild der inneren Diskrepanz zwischen dem, was ich geworden bin und dem, was ich eigentlich sein könnte. Die Frage, die sich für den Kurzsichtigen in seinem Veränderungsprozess stellt, ist nicht, ob ich das scharf sehen kann, was ich sehe, sondern ob ich mit dem, was ich sehe in Kontakt sein kann. Und das ist keine Frage des Wollens. Können und Wollen fallen hier nämlich auseinander.
Irgendwann erkannte ich:
Das Wunder, auf das ich so lange
gewartet hatte, bin ich selbst.
Meine Hypothese ist, dass Kurzsichtigkeit auf einer sehr frühen Traumatisierung beruht, die eine Dissoziation (Abspaltung der eigenen Gefühle) mit sich gebracht hat. Dabei ist der Umstand, dass man dissoziiert ist, dem Kurzsichtigen selbst nicht wahrnehmbar. Diese Vorgänge kann man einem Kurzsichtigen nicht erklären und auch kaum nahe bringen. Die Frage „Was in deinem Leben willst du nicht sehen?“ ist selbst schon kurzsichtig, und müsste eigentlich rückübersetzt werden in „Was in meinem Leben will ich nie wieder erfahren müssen?“ Das hat etwas mit Kontakt, bzw. mit überlebens-not-wendiger Kontaktvermeidung zu tun. Er kann nicht teilhaben an der Verbundenheit, an dem Kontakt zwischen seinem ihm gewohnten Ich und seinem ihm verborgenen Selbst, oder an der glückseligen Wahrnehmung des Einsseins mit anderen. Er schafft sich eine rationale Welt, die aus „Dingen“ besteht. Selbst wenn er in Kontakt gehen wollte, könnte er es nicht, weil das auf der Ebene des autonomen Nervensystems blockiert ist. Er glaubt vielleicht zu wissen, wie Kontakt ist, und wie Beziehung geht, aber das sind überwiegend Konstrukte und ausgefeilte Ersatzkonzepte. So wird der Kurzsichtige in seinem Wesen und in seinem Ausdruck immer wieder fehlinterpretiert, auch von sich selbst (er liefert ja auch allen Anlass dazu).
Es sieht so aus, als müsse er erst im Inneren aus seiner emotionalen „Eingefrorenheit“ auftauen, damit das Sehen nach Außen auftauen und bestimmte Qualitäten freigeben kann. Einem Trauma und seinen Folgen kann man nicht einfach mit Verstand und gutem Willen beikommen.
Für den Kurzsichtigen ist es hilfreich, für kurze Momente emotional einen Unterschied wahrzunehmen zwischen Konstrukt und Wirklichkeit, zwischen Stillstand und Bewegung, zwischen Unkontakt und Kontakt. Er bemerkt, dass er für einen kurzen Moment die Dinge anders sehen konnte als sonst; dass er eine Emotion hatte, die er sonst nicht hatte; sprich, dass da etwas zu sein scheint, von dem er bisher nicht annehmen oder glauben konnte, dass das überhaupt (für ihn) existiert. Hiermit kann man arbeiten, indem man ihn immer wieder mit Veränderungen überrascht. Das ist eine ordentliche Herausforderung, denn Kurzsichtige sind sehr versiert darin, Überraschungen abzuwehren, für die sie keine Verarbeitungsroutinen parat haben. Kurzsichtigkeit basiert auf Angst.
Das ist das Dilemma des Kurzsichtigen:
dass seine tiefste Sehnsucht
verschmolzen ist mit der größten Angst
vor Erfüllung genau dieser Sehnsucht.
Wenn der Kurzsichtige seine Sehhilfe beiseite legt, und absichtlich und bewusst unscharf sieht, dann kann er langsam anfangen zu begreifen, dass in dem unscharfen Sehen eine Diskrepanz liegt zwischen dem Äußeren und ihm. Das tiefe Wesen von Kurzsichtigkeit handelt von dieser inneren Diskrepanz; sie ist es, die eigentlich ausgeglichen werden will. Mit dieser Betrachtung wird es möglich, die Projektion seiner eigenen Kurzsichtigkeit, die er normalerweise auf äußere Umstände richtet, zurück zu nehmen. Sein Ego und sein Selbst können so wieder kongruent werden.
Weitsichtigkeit – wer darf ich sein?
Ich bin Hingabe.
Der Weitsichtige, als Kind noch verbunden mit dem Urgrund des Seins, „träumte“ vielleicht hingebungsvoll in die Welt hinein; doch dafür bekam er gesagt: „Träum nicht!“, denn Träumen gehört nicht zur „realen“ Welt. Aus Hingabe verinnerlicht er das Verbot, nicht er selbst sein zu dürfen. Weil der Weitsichtige in seiner Hingabe und in seinem Urvertrauen verletzt ist, muss er sich schützen, und zwar so, dass der Schutz keinen Verdacht erregt.
Der Schutz für den Weitsichtigen besteht darin, dass
man ihn nicht für das hält, was er wirklich ist, sondern
für das, was er den anderen zuliebe vormacht zu sein.
In diesem Muster funktioniert der Weitsichtige – an der Oberfläche. Zugleich ist er damit tief in sich drin einsam. Das Vertrauen eines Weitsichtigen zu gewinnen, scheint ganz einfach, doch man gewinnt ihn immer nur oberflächlich, nicht jedoch sein Innerstes. Die Augen zeigen diese Diskrepanz zuverlässig an: sie machen nicht mit und funktionieren nicht richtig. Eine Weitsichtige hat es einmal auf den Punkt gebracht: „Ich kann alles sehen, wenn ich will; dann muss ich aber schon ganz schlimm wollen.“
Der Weitsichtige ist weitsichtig in einer kurzsichtigen Welt.
Diese kurzsichtige Welt, geprägt durch Zeitdruck, Leistungsdenken, Sachlichkeit, Wissenschaftlichkeit, Beweisbarkeit, Rationalität, Emotionslosigkeit, Unkontakt, meint über den Weitsichtigen, dass er fehlsichtig sei. Kurzsichtigkeit und eine kurzsichtige Welt sind genau das, was einen Weitsichtigen immer tiefer in seine Muster hineintreiben.
Doch: nicht der Weitsichtige ist fehlsichtig
sondern diese Welt ist fehlsichtig!
Das zu erkennen, stellt eine gewisse Ungeheuerlichkeit dar, die ein Weitsichtiger glaubt nicht denken zu dürfen. Doch dieser Satz bringt dem Weitsichtigen das Verstehen entgegen, das er braucht, um seine Angst zu überwinden und sich Schutz und Trost anzuvertrauen.
Wenn Trost nicht möglich ist,
können Ängste nicht bewältigt werden.
Viele Weitsichtige haben tief in sich drinnen eine Wut, wie einen heiligen Zorn, darüber, dass der Frevel, die Hingabe zu verletzen, in dieser Welt als das Gute ausgegeben wird. Hinter dieser Wut liegt eine so tiefe Trauer, dass sie nicht ausgehalten werden könnte. Öffnet man dieser Trauer einen sicheren Raum, durch ein wahrhaftiges Ich-sehe-dich, Ich-erkenne-dich, Hier-darfst-du-sein, dann wird der Weitsichtige sich diesem Gesehenwerden und Erkanntwerden hingeben.
Die Heilung der Weitsichtigkeit liegt darin, Verständnis für den Weitsichtigen aufzubringen. Nicht Verständnis für seine aufgesetzte Schutzfassade, sondern Verständnis für seine Welt und sein hinter der Schutzfassade verborgenes, wahres Sein. Dafür benötigt es für gewöhnlich mehr Raum und Zeit, als man glaubt aufbringen zu können. Eigentlich muss man für ihn sogar Raum und Zeit auflösen. Dann geschieht das Wunderbare der Selbstheilungsbewegung. Hieraus entsteht dann, scheinbar wie von selbst, die Möglichkeit zu einer nachhaltig verbesserten Sehkraft.
Stabsichtigkeit – wer will ich sein?
Es kommt vor – meist ist es früh im Leben – dass man in zwei überhaupt nicht zueinander passende Aspekte des Lebens verwickelt wird, die einen unauflösbaren Widerspruch miteinander bilden. Etwa, dass ein Kind, das beide seiner Eltern liebt, vor Gericht in deren Trennungsverhandlung sagen soll, bei wem es denn wohnen wolle. Eine solche Entscheidung will ein Kind nicht treffen müssen, sich nicht zu entscheiden ist aber auch nicht möglich. Man müsste auf der Stelle verrückt werden. Stabsichtigkeit – wer will ich sein? Diese Frage kann nicht im Entweder-oder normaler Entscheidungsalternativen gelöst werden. Solange ich auf dieser Ebene suche, bin ich Gefangener des Widerspruchs und kann ich nicht sagen, wer ich wirklich sein will. Man muss erkennen, dass die Frage nach A oder B keinen Sinn (mehr) ergibt, sondern dass sie nach einer anderen, höheren Wirklichkeit verlangt. Bei Licht betrachtet sieht man, dass eigentlich nur ungültige Alternativen zur Verfügung stehen, aus denen man sich entscheiden soll, will oder muss. Oft gibt es eine Wahrnehmung von „Was ich nicht will“. Der Stabsichtige entscheidet sich an der Oberfläche für eine der gegebenen Alternativen, in der Tiefe jedoch dagegen (gegen sich selbst). Das Ich-will ist zugleich ein Ich-will-nicht. Die Stelle, wo alles auf einen Punkt kommen kann, ist total verworren. Um darüber nicht verrückt zu werden, stellt sich das Symptom Stabsichtigkeit ein und befreit so den Betroffenen von der Qual in seinem Bewusstsein.
Die Lösung findet sich auf einer höheren Ebene.
Ich traf eine stabsichtige Ärztin, die interessanterweise gleichzeitig Kunsttherapeutin war. In ihrem ganzen Medizinstudium war es nur um Verstehen von wissenschaftlicher Realität gegangen. Sie fühlte sich wie erlöst, als sie das Verstehen-müssen bzw. das Verstehen-wollen endlich loslassen konnte, weil sie auf eine ganz andere Form von Wahrnehmung gestoßen war. Eine Form, die weder Verstehen noch Nicht-Verstehen war und doch zugleich beides beinhaltete: die Wahrnehmung von Schwingungen, in die sie eintauchen konnte.
Am Ende des einwöchigen, und ja, sehr aufwühlenden Seminars gelang ein unglaublicher Übergang. Oft brauchte es dann keine Worte mehr. Astigmatismen lösten sich auf, Dioptrien reduzierten sich, Emotionen flossen, es gab tiefe Verbundenheit. Kurzsichtige, Weitsichtige und Stabsichtige erkannten sich gegenseitig und begannen in genau diesem gegenseitigen Erkennen heil zu werden.
Hier ein paar Teilnehmerstimmen:
„Der seelische Aspekt des 'Wer bin ich?' ist ein Schlüssel für die Heilung der Augen. Die Urfähigkeit des Sehens hängt daran.
Mein Herz ist inzwischen ein Raum der Stille, das fühlt sich wunderbar an. Meine Energie hat andere angesteckt.“ K. B., Berlin
„Ich bin sehr dankbar, dass ich mich entschieden habe das Seminar zu besuchen. Es gehört zu den besten Entscheidungen meines Lebens. Mehr und mehr fühle ich, dass in mir jemand anderes steckt, als die, die ich meistens zeige.“ C. O., Augenoptikerin, Hamburg
„Das gesamte Spektrum wurde erklärt. Puzzleteile fügen sich zusammen.“ C. G., Hamdorf
„Als Kurzsichtiger hatte ich eher Informationen erwartet, stattdessen habe ich gefühlt, worum es geht. Das ist tausendmal wertvoller.“ P. K., Augenoptikermeister, Rosenheim
„Ich habe über meine Augen eine höhere Ordnung erkannt.“ S. B., Augenoptikerin, Pinneberg
„Hiddensee: Weite für den Kopf, einfach atmen, nichts bedrängt einen...“ T. P., Hamburg
Sehen ist funktional. Unsere so genannten „Fehl-“Sichtigkeiten sind jedoch auch funktional. Sie zeigen uns an, was wir wirklich benötigen. Meine Vision ist, dass Kurzsichtigkeit, Weitsichtigkeit und Stabsichtigkeit, weil sie demselben Ursprung entstammen, sich in einem gegenseitigen Miteinander werden heilen können.